1. Status Quo in
der grabenlosen Rohrsanierung
Bei der grabenlosen Rohrsanierung
handelt es sich um eine relativ junge Sparte (ca. 25 Jahre) des
erdverlegten Rohrleitungsbau. Entstanden ist die Rohrsanierung aus
dem Bestreben, die Instandhaltungsarbeiten am vorhandenen Rohrnetz
effektiver in Hinblick auf Dauer, Umweltbeeinträchtigung und Technik
zu machen und damit Kosten zu sparen. Mit der Zeit haben sich die
verschiedensten Sanierungsverfahren am Markt entwickelt und bieten
damit auch immer mehr die Möglichkeit für maßgeschneiderte Lösungen
spezieller Probleme.
Generell kann die Sanierung in die
Bereiche Druckrohrsanierung und Kanalsanierung unterschieden werden.
Die überwiegende Anzahl der Verfahren sind für die Kanalsanierung
entwickelt worden.
Im Druckrohrbereich finden beim
Wasser und Abwasser viele Renovierungsverfahren Anwendung.
Einschränkungen bilden beim Wasser die hygienische Zulassung nach
den Vorschriften der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches
e.V. (DVGW). Die Sanierung von Gasleitungen ist im Zuge der
Umstellung von Stadt- auf Erdgas erfolgt und hat eigentlich keine
Bedeutung mehr. Im Bereich Fernwärme spielt die Sanierung u. a. auf
Grund der hohen Temperatur des Wassers und der Verlegeart der
Leitungen keine nennenswerte Rolle. Andere Medien können
vernachlässigt werden.
Im Bereich der Freispiegelleitungen
(Kanal) sind alle Sanierungsverfahren anzutreffen. Sie sind auch
weitestgehend für alle häuslichen Abwasser, Niederschlagswasser oder
industrielles Abwasser geeignet. Auch gibt es für alle Querschnitte
(Kreis-, Ei-, Maul- oder Kastenprofil) geeignete Verfahren.
Sanierungsverfahren dichten Rohre
gegen Infiltration und Exfiltration, stellen teilweise die
Standsicherheit wieder her, stoppen die Korrosion und können in
einigen Fällen den hydraulischen Verlust verringern. Alle
Sanierungsverfahren können keine Lageabweichung der bestehenden
Leitung korrigieren. Einzige Ausnahme ist die grabenlose Erneuerung
im Pipe-Eating Verfahren. Der Einsatzbereich der Verfahren reicht
von den Nennweiten DN 100 (ganz bedingt auch DN 50) bis DN 1200
(auch bis DN 2000). Nennweiten unter DN 200 sind nur eingeschränkt
sanierbar.
Im
Vergleich zum konventionellen Rohrleitungstiefbau entwickelt sich
die Rohrsanierung immer deutlicher hin zu einem
Dienstleistungsanbieter und damit weg vom Tiefbau. Den
Dienstleistungscharakter prägt vor allem die relativ kurze Bauzeit
von 2 bis 8 Arbeitstagen. Insbesondere im Bereich des privaten
Kanalnetzes wird das deutlich. Hier wird dem Kunden die gesamte
Dienstleistung von der Planung über das Ausführen bis hin zur
Abnahme der Leistung aus einer Hand angeboten. Teilweise wird die
Nachfrage erst selbst geschaffen. Das liegt zum einen an dem Alter,
der Akzeptanz und den Möglichkeiten der Rohrsanierung und zum
anderen an der inzwischen kaum noch zu überschauenden Anzahl der
Verfahren. Somit ist davon auszugehen, dass sich hier eine eigene
Branche entwickelt, parallel zum Rohrleitungsbau.
Obwohl
in jüngster Zeit eine befriedigende Anzahl von Vorschriften, Normen
und Richtlinien erarbeitet und veröffentlicht wurden, ist bei Kunden
und Planern noch weitgehende Unerfahrenheit anzutreffen. Das ist vor
allem zu spüren, wenn es um die Vergleichbarkeit von Verfahren geht
und deren Wirksamkeit gegenüber dem Neubau von Rohrleitungen.
In der
Rohrsanierung gibt es aus verschiedenen Gründen meistens einen sehr
komplexen, kurzen Ausführungszeitraum und damit keine geregelte
Arbeitszeit. Nachtarbeit ist die Regel. Das ist zum einen
Systemimmanent (Topfzeit, Aushärtungszeit) und wird durch den Zwang
zu kurzen Betriebsunterbrechungen und Verkehrsbeeinträchtigungen
bestimmt.
Die
kurzen Bauzeiten in der Rohrsanierung erfordern ein Höchstmaß an
Vorbereitung, Einsatz und Flexibilität verbunden mit der Fähigkeit
rasch Entscheidungen zu treffen.
Das
Auftragsvolumen ist im Vergleich zum Rohrleitungstiefbau in der
Sanierung wesentlich geringer. Aufträge mit einem Wert von ca. 200
TEUR gelten schon als groß und werden mit ca. 5 Arbeitskräften
ausgeführt. Im Allgemeinen sind Aufträge mit einer Dauer von 4
Arbeitstagen, 2 bis 3 Arbeitskräften und einem Wert von 60 TEUR
vorherrschend
3. Verfahrensgruppen
Die Verfahrensgruppen leiten
sich her aus der DIN EN 752 Entwässerungssysteme außerhalb von
Gebäuden - Deutsche Fassung 1995 und dem ATV-DVWK Merkblatt M 143,
Inspektion, Instandsetzung, Sanierung und Erneuerung von
Abwasserkanälen und –leitungen vom Dezember 1989.
Solche Verfahren finden
Anwendung bei örtlich begrenzten Schäden. Bei undichten Muffen,
Rissen (axial und radial) und schadhaften oder fehlerhaften Zuläufen
kann man sehr gute Sanierungserfolge erzielen. Bedacht werden muss
allerdings, dass durch die Reparatur in angrenzenden Rohren neue
Schäden auftreten können. Bei allen Verfahren ist vorher fast immer
ein Roboter für die Vorbereitung, wie z. B. zum Abfräsen von Wurzeln
oder einragenden Zuläufen notwendig. Bei den Robotern sind
pneumatische und hydraulische Antriebe verbreitet. Die Roboter
können mit verschiedenen Werkzeugen bestückt werden. Sie fräsen die
Schadstelle frei und verpressen / verspachteln sie dann mit
verschiedenen Materialien. Bedingt bis schlecht geeignet sind
Roboterverfahren für Kunststoffrohre.
Bei den Injektionsverfahren
wird ein Packer an der Schadstelle unter TV Beobachtung
positioniert. Die Schadstelle wird, den Absperrblasen ähnlich, vorne
und hinten abgesperrt. In den Zwischenraum werden 2 Komponenten
eines Gels gepresst. Diese vermischen sich und treten über die
Schadstelle aus. In Verbindung mit dem Erdreich geliert das Mittel
und dichtet die Schadstelle ab.
Bei den Kurzschläuchen wird
die Schadstelle mit einem Gelege aus Glasfasern oder Nadelfilz mit
Kunstharz getränkt saniert. Ein Packer wird damit umwickelt, an der
Schadstelle positioniert und anschließend expandiert, um den
Kurzschlauch zum Aushärten an die Rohrwand zu drücken. An Stelle von
dem flexiblen Material werden zum Teil auch Manschetten aus
Edelstahl mit Schloss und / oder Harzbeschichtung verwendet. Bei all
diesen Verfahren sollten immer die angrenzenden Muffen mit überdeckt
werden. Hierbei können auch nicht kreisrunde Profile saniert werden.
Diese Reparaturverfahren
kommen auch bei der Renovierung als Vorbereitung und beim
nachträglichen Einbinden von Zuläufen zur Anwendung. Die
Reparaturverfahren können meistens unter Betrieb angewandt werden.
Diese Verfahren kommen bei
örtlich begrenzten aber wiederholten Schäden und umfangreichen
Schäden zur Anwendung. Es können auch mehrere hintereinander
liegende Haltungen (Kanalabschnitte zwischen zwei Schächten) in
einem Zuge saniert werden. Die Beschichtungsverfahren sind von
untergeordneter Bedeutung und die Montageverfahren finden nur in
begehbaren Leitungen (> DN 900) Anwendung. Grundsätzlich wird in
Verfahren mit Ringraum und ohne Ringraum (close-fit) unterschieden.
Bei Verfahren mit Ringraum
gibt es neben dem Rohrstranglining noch das Kurzrohrrelining. Hier
ist die Länge der Rohre so bemessen, dass sie über einen Schacht in
die Leitung eingeführt werden können. Sie sind mit Nut und Feder
ausgestattet und werden im Schacht zusammengefügt und taktweise
eingezogen. Der Ringraum zwischen dem alten und dem neuen Rohr wird
anschließend mit einem Dämmer verfüllt. Bei diesen Verfahren können
auch große Querschnittsreduzierungen verwirklicht werden und die
Fließrichtung kann umgekehrt werden.
Bei Verfahren ohne Ringraum
werden Rohre (überwiegend aus dem Werkstoff HDPE) zwangsweise auf
unterschiedliche Weise verformt und dadurch im Querschnitt
reduziert. Nach dem Einziehen in die alte Leitung werden sie
rückverformt und liegen somit ohne Ringraum am Altrohr an. Das
klassische Close-fit Verfahren ist das vor Ort härtende
Schlauchlining. Es wird ein flexibler Schlauch aus Glasfaser oder
Nadelfilz für die zu sanierende Leitung konfektioniert (Länge,
Umfang, Wanddicke). Danach wird er mit einem Kunstharz imprägniert
und in die Haltung eingebracht (eingezogen oder reversiert) und dort
zu einem Rohr im Rohr ausgehärtet. Das geschieht durch UV-Licht,
Wasserdampf oder Warmwasser. Das Standardharz für häusliche Abwässer
ist ein Polyesterharz (Ungesättigtes Polyesterharz ISO-NPG). Auch
wird Epoxydharz verwendet und bei chemischer und / oder thermischer
Belastung stehen noch weitere Harze zur Verfügung wie zum Beispiel
Vinylesterharze. Es können alle (auch nicht kreisrunde) Profile
saniert werden.
Bei allen Verfahren wird die
statische Tragfähigkeit wiederhergestellt. Zuläufe werden vorher
eingemessen und nach der Sanierung aufgefräst. Die Zuläufe werden
anschließend eingebunden, um eine Hinterläufigkeit zu vermeiden. Die
Haltbarkeit dieser Verfahren wird im Moment mit 50 Jahren
angenommen. Sie wird sich aber wohl langfristig den 80 Jahren beim
Neubau angleichen.
Bei der grabenlosen Erneuerung
wird in der alten Trasse ein neues Rohr verlegt.
Beim Berstlining (statisch
oder dynamisch) wird das alte Rohr aufgesprengt und in das umgebende
Erdreich verdrängt und das neue Rohr gleichzeitig eingezogen. Beim
Pipe-Eating wird die alte Leitung (vorher verdämmert) mit einer
Microtunnelingmaschine überfahren und mit dem Abraum weggefördert.
Dieses Verfahren baut die neue Leitung in jeder gewünschten Lage
(Gefälle) ein. Beide Verfahren bieten die Möglichkeit zur
Dimensionserweiterung.
Die Erneuerung in offener
Bauweise braucht hier nicht weiter erläutert werden.
7.
Schachtsanierung
Die Schachtsanierung kommt
nahezu bei jeder Sanierungsmaßnahme einer Leitung mit in Betracht
und ist fast immer notwendig. Die Schächte werden entweder
vollständig von der Sohle (Gerinne) bis einschließlich Abdeckung
saniert oder auch nur teilweise. Nur Gerinne und Auftritt, die
Steigeisen, die Schachtwände oder die Abdeckung. Es kommen entweder
mineralische Werkstoffe oder die Auskleidung mit GFK zum Einsatz.
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8.
Hausanschlusssanierung
Die Sanierung von kleinen
Kanälen (≤ DN 200), insbesondere die Grundstückentwässerung, stellt
in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit dar:
· Bei
Hausanschlusskanälen wechselt immer der Eigentümer (Hauseigentümer –
Eigentümer öffentl. Kanal) im Verlauf der Leitung.
· Der
Hausanschlusskanal verfügt meistens nicht über Einstiegsschächte.
·
Im Verlauf der Leitung vom Haus bis zum Kanal in der Strasse
gibt es noch Formstücke
(Zuläufe, z.B. Dachentwässerung oder Bögen).
Der erste Punkt macht
zumindest eine Koordination der beiden Parteien notwendig und wird
erschwert durch den Umstand, dass beide Parteien zu
unterschiedlichen Zeitpunkten sanieren wollen (die gesetzliche
Verpflichtung ist für beide gleich) und evtl. mit verschiedenen
Verfahren.
Die beiden anderen Punkte
bilden Hindernisse im technischen Sinn. Alle oben erwähnten
Verfahren benötigen Zugangsmöglichkeiten zu den Leitungen. Sind
keine Schächte vorhanden, muss eine temporäre Baugrube oder ein
Schacht erstellt werden (Kosten). Auch stoßen die Roboterverfahren
in diesen Nennweiten auf ihre Einsatzgrenzen. Bei der
Hausanschlusssanierung hat sich das Schlauchlining klar als das
optimale Verfahren durchgesetzt. Es ist auch möglich von einem
Zugang im /am Haus aus bis zum Hauptkanal zu arbeiten. Wenn dann
aber noch unterwegs Bögen und / oder Zuläufe vorhanden sind, kann
eine grabenlose Sanierung nicht oder nur teilweise möglich sein.
Hier ist sorgfältige Planung und viel Know-how gefordert.
Wasser- und Gashausanschlüsse
können auch grabenlos ausgewechselt oder saniert werden. Das
geschieht aber ausschließlich durch den Netzbetreiber.
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9.
Auswahl der Verfahren
Die folgende Grafik zeigt den
Weg auf für eine Entscheidung welche Gruppe von Sanierungsverfahren
sich für eine notwendige Sanierung am besten eignet.
Dazu ist es sinnvoll dieses
Schema nacheinander bei einzelnen Abschnitten, mehreren
hintereinander liegenden Abschnitten und der ganzen Baumaßnahme
anzuwenden. Nur so findet man die optimale Lösung, denn es kann
sinnvoll sein mehr als notwendig zu sanieren (z.B. Renovierung statt
Reparatur) um die wirtschaftlichste und nachhaltigste Lösung zu
finden.
Welches
Verfahren nun in den einzelnen Gruppen das wirtschaftlichste und
technisch sinnvollste ist, kann hier nicht mehr allgemeingültig
dargestellt werden. Dazu kommt es zu sehr auf die einzelnen
Schadensbilder, die örtlichen Gegebenheiten, die Abwassersatzungen
und noch vieles Mehr an.
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